Rette mich wer kann – oder auch nicht

Ergänzt am: 22. Oktober 2024 //

Als ich klein war wollten wir den Wald retten. Auch den Regenwald, aber in erster Linie unseren Wald vor dem sauren Regen. Denn wir wußten genau, im Jahre 2010 werden wir nicht mehr draußen sein können, weil uns der Regen verätzt. Heut regnets, ich renne durch den Garten und verteile das überlaufende Wasser aus den Tonnen und bin glücklich. Zurück zur Rettungsaktion. Abgesehen davon, dass man als Kind immer mal einen kleinen Vogel, ein Insekt oder eine Schnecke gerettet hat, ging und geht es ja um auch die Rettung unserer Existenz indem wir die Natur schützen. Früher hieß es Umweltschutz, mir gefällt Naturschutz besser, heute müssen wir das Klima retten.
Um nochmal bei dem Vergleich mit dem kleinen Vogel zu bleiben. Der Vogel war aus dem Nest gefallen uns musste gerettet werden. Wenn das geklappt hat, war die Rettung geglückt. Manchmal klappte es auch nicht und der Vogel dann tot. Die Rettungsaktion war eine temporäre Sache.

Wenn ich nun so in Welt blicke, wie lange schon die hungernden Kinder von UNICEF gerettet werden, wie lange wir schon an der Natur herumretten, und jetzt auch noch das Klima retten, ja, wann ist es denn eigentlich gerettet? Oder gehst nur darum, ständing was in ferner Zukunft retten zu können, um bloß nicht in der Gegenwart leben zu müssen? Dann wäre ein Kurs in Achtsamkeit geraten.

Rette die Walnuss

In meiner Permakultur Gruppe werden gerade kleine Walnussbaum Ableger gerettet. Das hab ich tatsächlich auch schon getan, weil mein Gärtchen so winzig ist und es mir immer leid tut, die kleinen Bäumchen rauszurupfen, nur weil das Eichhörnchen sie vergessen hat zu fressen. Oder, vielleicht schmeckten die Nüsse auch nicht so gut, so dass diese geretteten Bäume also B-Ware wären. Hm, wird man in 5 Jahren sehen, wenn sie die ersten Nüsse tragen.

 

Oder: rettet sich der Planet selbst?

Auf facebook ein Video gesehen, über das Insektensterben, von "Internationale Praxis ganzheitliche Medizin Dr. med. Rainer Didier in Enger". Die Art wie der Mann vorgetragen hat ließ mich erst mal den Ton abschalten, es gab Gott sei Dank Untertitel, aber selbst seine Hektische Mimik ging mir alsbald auf die Nevern. Vom Inhalt her nichts Neues: Die Erde wird abgerockt, die Biomasse weniger, Insekten sterben. Untermalt mit etlichen Wiederholungen: "Sie müssen ZUHÖREN" und "Zahlen, Fakten, Daten...". Also echt nichts Neues und irgendwie  hab ich ständig drauf gewartet, dass er endlich Nahrungsergänzungsmittel oder einen Fonds zur Rettung des Regenwaldes empfiehlt.
Dann las ich die Kommentare. Und das muss ich einfach mal zitieren, das gefällt mir sehr gut, auch wenn es bei vielen ganz schön provokativ klingt:

"Der Planet rettet sich selber. Jederzeit. Der muss nicht gerettet werden. Menschen nehmen sich zu wichtig, denken sie wüssten was läuft. Wie dieser Herr. Ich weiß nur ich weiß nichts - die Bescheidenheit dieses Spruches vermisse ich. Deshalb, keine Panik: so gut wie es geht was machen und gut ist."

Fast jedes Wort ist hier wert gefettet zu werden, aber dann wäre der ganze Satz fett und es macht keinen Sinne mehr.
Keine Panik. Bescheidenheit. Der Planet hilft sich selber.

Retten aus Ausrotten: Die Neophyten

Das Thema Neophyten spalte so herrlich die Gemüter, noch heißer als der Klimawandel und noch heftiger geraten sich Moralapostel, Ideogolen, Unwissende und harmlose Gärtnernde in die Haare.

Auf meiner Lieblings-Streit-und-Schimpf-Plattform facebook fragte jemand nach Samen. Der Frager lebt in einem mediterranen Land und besass die Unerhörtheit in einer überwiegend von Deutschen besuchten Gruppe zu posten.

Keine zwei Kommentare dauerte es, bis die Beschimpfungen, Belehrungen und Diskussionen anfingen: Nur keine Neophyten nach Portugel schleppen.
Jetzt würde mich aber schon echt mal interessieren, wieviele Samenangebote da tatsächlich von invasiven Neophyten gekommen sind, wie zum Beispiel eine von diesen:

  • Rotnerviger Ahorn (Acer rufinerve)
  • Fingerblättrige Akebie (Akebia quinata)
  • Folterpflanze (Araujia sericifera)
  • Kreuzstrauch (Baccharis halimifolia)
  • Grüne Gabelalge (Codium fragile spp. atlanticum)
  • Grüne Gabelalge (Codium fragile spp. scandinavicum)
  • Wasserhyazinthe (Eichhornia crassipes)
  • Igniscum (Fallopia sachalinensis ‚Igniscum‘)
  • Persischer Bärenklau (Heracleum persicum)
  • Sosnowsky-Bärenklau (Heracleum sosnowskyi)
  • Flutendes Heusenkraut (Ludwigia peploides)
  • Pfannengras (Paspalum paspalodes)
  • Durchwachsener Knöterich (Persicaria perfoliata)
  • Kudzu (Pueraria lobata)
  • Columbusgras (Sorghum × almum)
  • Glattes Schlickgras (Spartina alterniflora)
  • Wakame (Undaria pinnatifida)

Natürlich geht es auch um Pflanzen, die so gar nicht in das andere Land passen, ich würde ja nicht auf die Idee gekommen, irgendein ein Schilf oder eine Seerose jemandem anzubieten, der in Portugal ohne Brunnen lebt.

Ich versteh die Leute nicht, wenn unbdedingt Unwissenheit belehrt werden muss, nach dem Motto "ich erheben jetzt meinen Zeigefinger und muss unbedingt sagen, dass ein Rosmarin, der in Deutschlang aufgewachsen ist, auf keinen Fall nach Portugal reisen sollten", meine Güte, das könnte man auch nett sagen.
Interessant ist aber auch, dass in fast allen Pflanzenmagazinen und Gärtnereien darüber geredet wird, wie der Klimawandel Einfluss hat und dass zum Beispiel umgekehrt inzwischen ganz viele Mediterrane Pflanzen auch bei uns wachsen. Sollten wir uns jetzt gegen Feigen sträuben (trotz Klimawandel) weil die Feige nicht heimisch ist?
Wir leben in einer globalen Welt, längst ist alles mit allem vermischt und migriert wird eben auch bei den Pflanzen.
Das Thema Neophyten sollte meiner Meinung nach differenziert werden: Neophyten die invasiv sind (wie lange muss ein Neophyt eigentlich integriert sein, bis es nicht mehr als solcher gilt? Kartoffel, Tomate, Apfel wars ja auch mal...)
Es gab einen interessanten Artikel bei Krautundrüben, es gibt nämlich auch "heimische" Neophyten die invasiv sind (habs nicht mehr 100% parat, es ging um von Norden nach Bayern eingschleppte Pflanzen, die so invasiv sind, dass sie ringsrum alles platt machen und umgekehrt).

Was das Internet noch so anrichtet

Irgendein Skandal über irgendjemanden geht um die Welt. Alle scheinen zu wissen wie es um diejenige oder denjenigen bestellt ist, der gerade zerrisen, diffamiert oder sonstwie im Rampenlicht steht.
Dazu folgendes Zitat aus einem hervorragenden Buche von Izquierdo ("Kein Guter Mann"):

Ein Klick reicht um sich eine Meinung zu bilden. Sie alle hatten eine Meinung nur seine eigene Meinung interessierte niemand.

Was soll Hoffnung sein?

Hoffnung beginnt dort, wo die Kontrolle endet. Niemand spricht von Hoffnung, wenn er die Situation kontrolliert.