Jonathan Franzen Die Korrekturen

Zitate

Seite 139

Wir bemühen uns noch immer nach Kräften, den Durch-schnittsamerikaner dazu zu bewegen, dass er gut gelaunt seinen finanziellen Ruin betreibt. Aber dieses Biotech-Zeug, das ist wirklich faszinierend. Ich habe ganze Prospekte über genmanipulierten Kürbis gelesen. Die Menschen hierzulande essen offenbar viel mehr Kürbis, als mir bewusst war, und Kürbisse sind weit anfälliger für Krankheiten, als ihr robustes Äußeres vermuten lässt. Entweder das ... oder Southern Cucumtech ist mit fünfunddreißig pro Aktie schwer überbewertet. Egal. Aber Chip, die Sache mit dem Gehirn, Mann, die hat mich gepackt.
Bizarrer Umstand Nummer eins ist, dass ich darüber reden darf.
Alles öffentlich bekannt. Ist das nicht bizarr?»

Zitate

irgendwo vor Seite 139:
Er grinste. Eins zu null für sie.
«Ich mag mich immerhin», sagte sie. «Während du dich offenbar nicht besonders magst.»
«Auch deine Eltern scheinen große Stücke auf sich zu hal-ten», sagte er. «Deine ganze Familie scheint das zu tun.»
Noch nie hatte er Melissa richtig wütend erlebt. «Ich liebe mich selbst», sagte sie. «Was ist daran auszusetzen?»
Er wusste nicht, was daran auszusetzen war. Er wusste überhaupt nicht, was an Melissa auszusetzen war - die Selbstver-liebtheit ihrer Eltern? Ihre Theatralik und ihr Selbstvertrauen?
Ihre schwärmerische Begeisterung für den Kapitalismus? Dass sie keine gleichaltrigen Freunde besaß? Jenes Gefühl, das ihn am letzten Tag von «Konsum und Kritik» beschlichen hatte, die Ahnung, dass er in allem falsch lag, dass an der Welt nicht das Geringste auszusetzen war, auch daran nicht, sich in ihr wohl zu fühlen, ja dass das Ganze allein sein Problem war, kehrte jetzt mit solcher Macht zurück, dass er sich aufs Bett setzen musste.
«Wie steht's mit unseren Drogen?»

 

 

Seite 47

«Seit drei Monaten schluckt sie irgendwelche Pillen, die sie unglaublich abstumpfen lassen, und diese Abgestumpftheit nennt sie dann geistige Gesundheit! Genauso gut könnte man Blindheit als Hellsicht definieren: ‹ Jetzt, da ich blind bin, sehe ich, dass es nichts zu sehen gibt.›»

Denise seufzte und ließ ihren Blumenstrauß auf den Boden hängen. «Und was soll das heißen? Willst du hinter ihr herfahren und ihr die Medizin wegnehmen?»
«Es soll heißen, dass das Gesamtsystem unserer Kultur fehlerhaft ist», sagte Chip. «Es soll heißen, dass die Bürokratie sich das Recht anmaßt, bestimmte Geisteszustände als ‹ krank› zu definieren. Mangelnde Lust, Geld auszugeben, wird so zu einem Krankheitssymptom, das eine teure medikamentöse Behandlung erfordert, die ihrerseits die Libido zerstört, mit anderen Worten: die Lust auf das einzige Vergnügen im Leben, das es umsonst gibt, sodass die betreffende Person für kompensatorische Vergnügungen noch mehr...