Wie man Zwietracht sät – eine Anleitung aus dem Gartenleben

Zwietracht gedeiht im Kleingarten
Diese Saat ist von ganz besonderer Sorte
Man nehme eine Prise anonymer Anschuldigung, mische sie mit ein paar gepflegten Gerüchten, lasse das Ganze kurz gären und ziehe sich dann sauber aus der Affäre – fertig ist das Rezept für den Nachbarschaftsstreit im Gartenverein. Ein saftiger Kuchen aus Misstrauen, Verdacht und Zwietracht.
Eine Geschichte – frei erfunden, versteht sich
Was jetzt folgt ist natürlich alles frei erfunden. Jegliche Ähnlichkeiten mit echten Menschen, Gartenvorsitzenden oder KIs sind rein zufällig. Und ebenso natürlich: Keine der aufgeführten Taten sind zur Nachahmung geeignet! Eltern haften wie immer für ihre Kinder.
Sowas von verboten: Cannabis im Kleingarten
Cannabis im Kleingarten – verboten, aber nicht tot zu kriegen
Nachdem der private Anbau von drei Hanfpflanzen pro Person in Deutschland genehmigt wurde, entschlüpften drei freche Hanfsamen dem Meisenknödel, fielen zu Boden und beschlossen recht üppig zu wachsen, – und zwar genau da, wo sie gelandet waren: mitten im Kleingartenidyll.
Die Nachbarn wussten Bescheid, fanden’s kurios und waren entspannt. Niemand schien es zu stören.
Anonyme Anzeige stört Gartenparadies
Eines regnerischen Nachmittages jedoch spazierte der Hüter der drei Hänflinge gut gelaunt zum Vorsitzenden des Gartenvereins, um nach den verschwundenen Mülleimern zu fragen.
Der Vorsitzende, sonst stets redselig, drehte sich plötzlich weg. „Seltsam“, dachte der Gärtner. Doch kaum wandte er sich ab, traf ihn ein Ruf wie eine Brennnessel: spitz, unangenehm, kaum zu überhören.

Mit zornrotem Gesicht, von oben herab (wie schafft er das, trotz seiner beachtlichen Körperknappheit?), belehrte der Vorsitzende den verblüfften Gärtner: Man müsse über „die Hanfplantage (!)“ reden. Hanfplantage? Im Ernst? Der Gärtner lacht – und der Himmel donnert zustimmend.
Dies misfällt dem Vorsitzenden – eine Mischung aus Blockwart und Paragraphenreiter – und er wird noch roter und fährt größere Geschütze auf: Es gebe zwei Anzeigen! Die Pflanzen müssten binnen zwei Tagen entsorgt werden.
Das saß. Aber wieso den? Die harmlosen Geschöpfe!? Wer stört sich daran?
„Das hat Sie nicht zu interessieren“, fauchte der Vorsitzende. „Die Anzeigenden bleiben anonym. Räumen Sie ab, sonst geht das an die Polizei!“ – Es grollte. Und das war nicht nur das Wetter.
Pflanzen Gemetzel speist die Gerüchteküche
Geknickt schleicht der Gärtner in seine Laube und fragt Google. Und siehe da: Der Vorsitzende hat tatsächlich recht. Die Hanfgesetze sind komplizierter als jeder Rosenschnitt. In der Laube ist’s verboten – Punkt. Traurig, aber wahr: Es muss abgeräumt werden.
Gerüchte beginnen zu sprießen
Damit wär's ja eigentlich getan und es könntge Gras über die Sache wachsen.
Doch der Gedanke hängt noch schwer am Himmel: Wer hat wen angeschwärzt? Die netten Nachbarn? Oder der Griesgram von gegenüber, der Jurist mit der Stirnfalte? Vielleicht die Neugierige vom Weg, die neulich so interessiert nach den Pflanzen fragte?
Der Gärtner merkt: So kommt er in Teufels Küche, er kann ja niemandem mehr vertrauen. So will er nicht leben. Die Sache muss auf den Tisch.
Aber vorher müssen die unschuldigen Geschöpfe gemetzelt werden.
Dabei kommt des Gärtners Freund vorbei: „Was machst du denn da?“ – Kurz erzählt, der Gartenfreund tut entsetzt – und fragt sich, wer da angezeigt habe. Und fragt auch die anderen Nachbarn. Die ihrerseits entsetzt tun und weitere Gartenfreunde befragen. So hüpft die Geschichte von Beet zu Beet. Wie eine Schar Blattläuse.
Der Vorstand, der in seinem Leben noch nie eine Möhre aus der Erde gezogen, Blumen gesät oder irgendetwas für den Verein getan hat, hat hier ganze Arbeit geleistet. Er schreibt noch eine offizielle Abmahnung mit wüsten Drohungen, und erzählt dann überall herum, er habe ja das Gespräch gesucht. Wir erinnern uns wie die Geschichte begonnen hat.
Saat der Zwietracht: geh auf!
Indes: Die Saat der Zwietracht trägt Früchte. Jeder will wissen, wer’s war. Keiner war’s. Der Vorstand schweigt – zum ersten Mal mit Stil. Misstrauen blüht, Gerüchte ranken sich, Freundschaften verwelken.
Und dann sollte Gras drüber wachsen – statt dessen wurde es noch schlimmer
Eigentlich sollte längst Gras drüber gewachsen sein. Doch beim nächsten Gartenfest fiel eine unbedachte Bemerkung – und zack, das Thema flammte wieder auf.
Jetzt hieß es: Man wisse aus verlässlicher Quelle, dass ausgerechnet der Freund des Gärtners hinter den Anzeigen stekcke! Der Gärtner konnte es kaum glauben – und doch, die das sagte bekräftige ihre Version mit schlechten Reden über den Freund.
Ist sie eine Schlange? Der Freund ein Judas?

Fazit: Wer sät, der erntet – und nicht immer nur Salat
Jetzt steckt der Gärtner in der Klemme. Wer manipuliert hier wen? Und warum? Wie kommt man aus so einer Geschichte wieder raus?
Nachtrag 1:
Wie sich ein kluger Vorstand verhalten würde
Ein kluger Vorstandsvorsitzender hätte in diesem Fall einfach gar nichts von den anonymen Anzeigen gesagt.
Er wäre schnurstracks zum Gärtner gegangen, hätte diesem erläutert, dass im vorliegenden Fall leider kein Hanf erlaubt ist und dieser doch bitte schnellstmöglich entfernt werde.
Fertig.
- Der Gärtner hätte dumm gucken können und die Pflanzen entsorgen.
- Der Gärtner hätte maulen können und die Pflanzen entsorgen.
- Der Gärtner hätte sich seiner Unkenntnis schämen können, sich beim Vorstand entschulidgen und die Pflanzen entsorgen.
- Hätte der Gärtner die Pflanzen nicht entsorgt, hätte man immer noch eine Anzeige erstatten können.
Punkt. Aus.
Ein guter Vorstandsvorsitzender hätte dafür gesorgt, die Sache ohne viel Aufhebens aus der Welt zu schaffen.
Nachtrag 2:
Wie es sich in Wirklichkeit zutrug
Aus zuverlässiger fiktiver Quelle weiß die Autorin, wie sich die Geschichte wirklich zugetragen hat. Es gab nämlich gar keine Anzeigen. Das hat der Vorstand nur erfunden um nicht der Spielverderber sein zu müssen. Er hat eine Heidenangst vor jeglicher Unruhe und insbesondere vor der Polizei im eigenen Garten.
Als eines schönen Nachmittags der gute Freund des Gärtners zum Tee beim Vorsitzenden war, plauderte dieser über die fröhlichen Hanfpflanzen und merkte an, dass die ja "eigentlich gar nicht legal ist. Gut, dass die Polizei hier so gut wie nie aufkreuzt, die würden ja Ärger machen."
Zwei schlaflose Nächte für den Vorsitzenden, bis ihm die Idee mit den zwei Anzeigen zuflog.
Und schon ist ein neues Gerücht im Umlauf.
