Kein Kulturschock — nur kulturelle Unterschiede in China
[Ergänzt am: 8. April 2025]

你吃了吗 Äh, nein...?
Bloss kein Milchpulver, weiße Klamotten, Morgends duschen
Wieviel
verdienst du? Und Deine Mutter? Dein Vater? Sind Rentner in Deuschland arm?
Kurzes Intro: Über AirBnb mietet ich ein Zimmer bei einer chinesischen Familie in der Shanxi Straße. Als ich abends in Shanghai ankam war jedoch niemand da, die Familie weilte in den USA. Ich war jedoch keineswegs allein, man kümmerte sich von allen Seiten um mich: der Wachmann, die Concierge, der Papa Vermieter, die A yi und natürlich das tolle Team von Constellations Internation.
Hier erzähle ich über Fettnäpfchen und Absonderlichkeiten. Vorweg: in den ganzen 6 Wochen hab ich eine Person getroffen, die mir die kalte Schulter gezeigt hat. Eine einzige.
Ni chi le ma 你吃了吗
Nun war ich also allein in dieser großen Wohnung, und plötzlich steht ein alter rüstiger Chinese vor mir. Hui, was sage ich, wer ist das überhaupt? Er lässt mich gar nichts sagen sondern fragt sofort ob ich was gegessen habe. Das heißt er verwendet "Hast Du schon gegessen"?
Da es kurz vor Mittag ist, verneine ich dieses. Er schaut kurz verdutzt, rappelt sichauf und dann sagt 好的, 来来 ok, komm mit ... Ich trotte also hinter ihm her, wir gehen zum Markt, er kauft einen lebenden Fisch und allerlei Gemüse. Wieder in der Wohnung kocht er mir die erste tolle Mahlzeit mit Supper vorneweg. Und ja, er schlürfte herrlich laut an der Suppe. Er löcherte mich mit Fragen und endlich erfuhr ich, dass er der Papa von meinem Vermieter ist, der sich um die Wohnung, inklusive mir, kümmert, solange Sohnemann und Enkel in den USA verweilen.
Im Büro wurde wieder herzlich gelacht, denn eigentliche beduetet "Hast Du schon gegessen" einfach nur "Hallo, wie gehts?"
Gut, dass ich es nicht wußte, denn von nun an gingen wir regelmässig gemeinsam zum Markt und kochten zusammen.
Spielen wir? 我们玩吧 ?
Mein Vermieter hatte einen 9-jährigen Sohn und eine Baby-Tochter. Ein echter kleiner Kulturschock war, dass der Junge fast nur englisch sprach. Das hat er anscheinend in 6 Monaten USA so nebenbei gelernt (Naja, in Shanghai sprachen außer den alten Leuten alle englisch, aber das ist eine andere Geschichte). Das einzige, was er ständig zu mir auf chinesisch sagte war: 我们玩吧! Spielen wir? Er wartete schon sehnsüchtig darauf, dass ich zurück aus dem Büro komme, damit wir (zusammen?) spielen können. Nun ja, "Spielen" bedeutete, er hängt über dem Handy, spielt Minecraft und ich gucke zu. Ich hab nicht das Gefühl mitzuspielen und will mich verdünnisieren. Nönö, kannste vergessen: "heee, wir spielen doch!" Selbst ein abschweifender Blick wurde sofort bemerkt und mit dem internationalen "Kinn herumreißen" quittiert.
Magnetkarte statt Schlüssel
Ein Sicherheitsbeamter muss mir die Haustür zum Hochhaus öffnen weil die Magnetkarte ihren Geist aufgegeben hatte.
Der Papa des Vermieters kam sofort herbei geeilt undüberreichte mir seine eigene Karte. Selbstverständlich mit beiden Händen und ich nahm dies auch würdevoll mit beiden Händen entgegen. Danach kam die intensive und eindrucksvolle Warnung, sie bloß nicht zu verlieren. Auf keinen Fall. Das ist SEINE Karte, die letzte ihrer Art.
Sieht man mir wirklich so viel Zerstreutheit an?
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Wer bezahlt die Mahlzeit?
Wenn eine Gruppe von Freunden ins Restaurant gehen, sagt man in Deutschland häufig "Legen wir zusammen"? Zumindest kenne ich es so. Bist Du mit der Familie unterwegs zahlt meist der Vater, es sei denn, es handelt sich ausdrücklich um eine Esseneinladung von jemand anderem.
In Shanghai nun habe ich regelrechte Kämpfe erlebt, wer die Rechnung übernehmen darf.
Wir wollten mit Vermieter Xiao Liang essen gehen, er schlug ein tolles 火锅店 (chinesischer Hot-Pot Restaurant, ähnlich wie Fleisch-Fondue). Jetzt, nach all der Zeit, würde ich sagen, damit hatte er sich das Recht erworben zahlen zu dürfen. Aus unserer Sicht war es aber die Einladung als Dankeschön für eine tolle Zeit. Als es nun also ans Zahlen ging, Xiao Liang rutsche schon seit einiger Zeit nervös auf dem Stuhl herum, machte mein Partner klar, das die Zeche uns gehört. Er folgte der Bedienung und wir beobachteten, wie er erfolglos eine Kreditkarte nach der anderen ausprobiert. Gerade zückte er die letzte Cahnce, als plötzlich, wie ein greller Blitz eine Hand vorschoss und eine Karte durch den Schlitz zog. Xiao Liang hatte gewonnen, wir gucken dumm, er war zufrieden, die Balance wieder hergestellt.
Das Leben auf der Strasse
An Shanghai faszinierte mich das kulturelle Kuddelmuddel. Im Sinne von: Neben dem heiligen Tempel werden Gucci Taschen verkauft. Nur eine Gasse weiter schneidet der Friseur auf der Straße, wenn du den Kopf nach oben drehst ragen schillernde Glasbauten in den Himmel, während hier unten Leute auf ihren Schlafmatratzen wohnen. Neben dem "Lebende-Tiere-Markt" eröffnet grad ein Bio Laden und in den Expat Vierteln triffst du allerlei Nationen an.
Das ist manchmal schön, oft aber auch erschreckend. Über das Streetlife in Shanghai gibt es eine Foto Galerie.
Überlegungen zum Gastgeschenk
Nachdem ich mir nun authentischen Rat eingeholt habe, werde ich eine Anti-Falten-Creme für die Gastmutter, Milchpulver für das Baby und einen Rotwein für den Gastvater schenken. Das Buch über Berlin hebe ich bis zur Abfahrt auf – dann werde ich es mit einer freundlichen Einladung nach Berlin überreichen.
Am ersten Tag werde ich auf keinen Fall weiße Sachen tragen. Ich ziehe meine rote Hose an und vielleicht ein blaues T-Shirt …?
Kleidung und Gastgeschenke – Fettnäpfchen vermeiden
Jetzt geht’s schon los: Ich habe gelesen (jaja, auch im unten zitierten Buch), dass man keine Bücher als Geschenk mitbringen soll, weil das Wort für „Buch“ ebenso klingt wie das Wort für „verlieren“.
Außerdem: bloß keine weiße Kleidung tragen – die ist für Beerdigungen. Na toll. Gerade am Montag war ich mit Freunden im Lieblingsladen UNIQLO und habe mich reichlich mit weißen Jacken, Röcken und Blusen eingedeckt. Ist doch bald Sommer, menno …
Rätselhafter Reis am Morgen
Gestern fand ich nach dem Aufstehen heißen Reis im Reiskocher. Den ganzen Tag grübelten wir ob ich am Abend den Stecker nicht gezogen habe, oder die “a yi” (unsere Putzperle) schon da war oder ob es wirklich sein kann dass Papa Vermieter um halb acht in die Wohnung kommt um mir Frühstücksreis zu kochen.
Es war tatsächlich Papa Vermieter. Was für ein nettes chinesisches Heinzelmännchen!